Seneca – Zitate

Wie viele haben dein Leben vergeudet, ohne dass du dir bewusst warst, wie viel du verlierst. Wie viel hast du auf sinnlosen Kummer, haltlose Freude, gieriges Verlangen oder gesellschaftliche Vergnügungen verschwendet – wie wenig von dir selbst ist dabei übriggeblieben. Du wirst erkennen, dass du vor deiner Zeit stirbst!   

Lasse alle deine Bemühungen zielgerichtet sein und behalte dieses Ziel im Blick. Es ist nicht das Handeln, das die Menschen beunruhigt, sondern falsche Vorstellungen von Dingen, die sie um den Verstand bringen.  

Wir müssen viele Dinge aufgeben, von denen wir abhängig sind und die wir als gut erachten. Andernfalls wird der Mut schwinden, der sich andauernd bewähren muss. Die Einzigartigkeit der Seele wird verloren gehen, denn sie kann sich nur abgrenzen, wenn sie das als nichtig abtut, was das Volk am meisten begehrt.

Gelassenheit können nur jene erreichen, die ein unerschütterliches und klares Urteilsvermögen haben – der Rest hadert ständig mit seinen Entscheidungen, schwankt hin und her zwischen Ablehnung und Akzeptanz. Woher kommt dieses Für und Wider? Es rührt daher, dass nichts klar ist und sie sich auf den unsichersten Ratgeber verlassen: die öffentliche Meinung.     

Ich will mich ständig unter Beobachtung halten und – was am sinnvollsten ist – jeden Tag reflektieren. Denn was uns schlecht macht, ist, dass niemand von uns auf unser Leben zurückschaut. Wir beschäftigen uns nur mit dem, was wir gerade vorhaben. Und dabei stammen doch unsere Pläne für die Zukunft aus der Vergangenheit.   

Lasst uns nun die ganz Reichen betrachten. Wie oft geschieht es, dass sie genauso ausschauen wie die Armen! Wenn sie weit reisen, müssen sie ihr Gepäck einschränken. Wenn Eile geboten ist, müssen sie auf ihre Entourage verzichten. Und diejenigen, die in der Armee sind, können kaum etwas von ihrem Besitz bei sich haben …  

Ich halte nichts von denen, die sich kopfüber in die Fluten stürzen, die freiwillig ein turbulentes Leben führen und jeden Tag unter großer geistiger Anstrengung mit ihren schwierigen Lebensumständen hadern. Ein weiser Mensch wird dies aushalten, aber er wird es nicht ausdrücklich suchen. Seine Entscheidung ist Frieden, nicht Krieg.

Vielen Menschen schadet vor allem die Angst an sich, und das Schicksal vieler Menschen hat sich bereits erfüllt, während sie noch auf die Erfüllung ihres Schicksals warten.     

Du weinst, während ich unerträgliche Schmerzen aushalte! Fühlst du dich denn jetzt erleichtert, nachdem du dich so unmännlich verhalten hast?     

Es gibt nichts, was einen mehr betäubt als Wut. Nichts ist so sehr auf seine eigene Kraft fokussiert. Wenn sie Erfolg hat, ist nichts so arrogant, wenn sie scheitert, ist nichts so wahnsinnig. Da sie selbst in der Niederlage nicht an Kraft verliert, greift die Wut sich selbst an, wenn das Schicksal ihr den Feind entzieht.     

Unsere Seele ist mal ein König, mal ein Tyrann. Sie ist königlich, wenn sie sich um das kümmert, was ehrenhaft ist, wenn sie den Körper schützt und ihn gesund hält, wenn sie ihm keine schädlichen Befehle gibt. Aber eine unkontrollierte Seele, eine, die von Begierden angetrieben wird und die es gewohnt ist, dass ihr jeder Wunsch erfüllt wird, ist nicht königlich, sondern sie wird zu dem, was wir am meisten fürchten und verabscheuen: zum Tyrann.   

Für einen Menschen ist es vor allem wichtig, sich selbst gut einschätzen zu können, denn im Allgemeinen glauben wir, dass wir mehr können, als es tatsächlich der Fall ist.  

Was nun die Dinge betrifft, denen wir hinterherjagen und für die wir uns ins Zeug legen, schulden wir uns folgende Überlegung: Entweder ist ihnen nichts Nützliches zu eigen oder sie sind meist zu nichts zu gebrauchen. Einige von ihnen sind überflüssig, während andere nicht viel wert sind. Aber wir erkennen das nicht und betrachten sie als gegeben, obwohl sie uns eine Menge gekostet haben. 

Wir können die meisten Sünden vermeiden, wenn wir jemanden haben, der uns beisteht, sobald wir im Begriff sind, falsch zu handeln. Die Seele braucht jemanden, den sie respektieren kann, dessen Beispiel ihr hilft, unantastbar zu bleiben. Glücklich ist der Mensch, der andere verbessern kann, nicht nur, wenn er anwesend ist, sondern sogar, wenn sie bloß an ihn denken!  

Ich mag mir wünschen, dass ich nie Folter erleiden muss, aber wenn es so weit wäre, dass ich sie erdulden müsste, wünschte ich mir den Mut, sie tapfer und ehrenhaft zu ertragen. Würde ich es nicht vorziehen, in keinen Krieg hineingezogen zu werden? Aber wenn mich der Krieg heimsuchen würde, wünschte ich, dass ich erhobenen Hauptes die Wunden und den Hunger ertrage, und alles, was der Krieg sonst noch mit sich bringt. Ich wäre auch nicht so verrückt, mir Krankheit zu wünschen, aber wenn ich Krankheiten erleiden muss, wünschte ich, dass ich nicht überstürzt oder unwürdig handeln würde. Nicht solche Widrigkeiten sind wünschenswert, sondern die Tugendhaftigkeit, mit der Widrigkeiten ertragen werden.    

Eine vernunftgeleitete Seele leidet an hartnäckigen Lastern wie Gier und Ehrgeiz. Diese knebeln die Seele und verrichten ihr Teufelswerk. Kurzum, sie beeinträchtigen das Urteilsvermögen so unerbittlich, dass das, was kaum wünschenswert ist, heftig angestrebt wird.    

Ein Leben ohne Plan ist unberechenbar. Sobald du an einem Ort bist, brauchst du Prinzipien. Ich glaube, du wirst zugeben, dass nichts beschämender ist, als unsicheres und wankelmütiges Verhalten und ein feiger Rückzug. Dies wird uns in allen Angelegenheiten widerfahren, wenn wir nicht die Fehlerquellen ausfindig machen, die unsere Seele beeinflussen. Wir müssen verhindern, dass die Fehler dominieren, und uns deshalb stets redlich bemühen.

Die Umstände sind es, die uns täuschen. Du musst ihnen mit Scharfsinn begegnen. Das Böse ist verlockender als das Gute. Wir sehnen uns nach dem Gegenteil dessen, was wir uns einmal gewünscht haben. Unsere Gebete stehen mit unseren Gebeten so auf Kriegsfuß wie unsere Pläne mit unseren Plänen. 

Atreus: Wer würde solch eine Flut von Geschenken des Schicksals zurückweisen? Thyestes: Jeder, der erlebt hat, wie schnell sie abebbt.     

Glaube mir, es ist besser eine Bilanz für dein eigenes Leben zu erstellen als für den Getreidemarkt. 

Nichts, was mir im Leben widerfahren wird, werde ich mit Trübsinn oder einer schlechten Einstellung begegnen. Ich werde meine Steuern klaglos zahlen. Alle Dinge, über die man klagt oder vor denen es einen graut, sind wie die Steuern des Lebens. Dinge, mein lieber Lucilius, von denen du nicht hoffen solltest, verschont zu werden oder ihnen zu entkommen.  

Tantalus: Die stärkste Macht ist –Thyestes: Keine Macht, wenn du nichts verlangst.

Darum lasst uns von ganzem Herzen aufbrechen, die vielen Ablenkungen ignorieren und uns einem einzigen Ziel widmen. Sonst werden wir zu spät den schnellen und unaufhaltsamen Flug der Zeit erkennen und zurückgelassen. Heiße mit jedem Sonnenaufgang den neuen Tag willkommen, als wäre es der beste von allen und mach ihn dir ganz zu eigen. Wir müssen das Flüchtige ergreifen.

Lass uns selbst eine beherzte Tat unternehmen – und damit den Rang derjenigen erreichen, denen am häufigsten nachgeeifert wird.    

Seelenfrieden bedeutet vor allem, nichts Falsches getan zu haben. Wer keine Selbstbeherrschung hat, lebt orientierungslos und voller innerer Unruhe.   

Was soll es bezwecken, zahllose Bücher zu besitzen, die man zu Lebzeiten kaum alle lesen kann? Dem Lernenden wird nichts beigebracht, das reine Ausmaß belastet ihn nur. Deshalb ist es besser, die Samen von ein paar Autoren zu pflanzen, als die von vielen zu zerstreuen.

Beweise mir, dass ein gutes Leben nicht bedeutet, dass es lang ist, sondern wie es genutzt wird. Denn es ist möglich und kommt sogar häufiger vor, dass ein Mensch trotz eines langen Lebens viel zu kurz gelebt hat.     

Arbeit nährt edle Gemüter. 

Er kann nicht in den Militärdienst? Lass ihn ein öffentliches Amt bekleiden. Muss er im Privaten leben? Lass ihn der Wortführer sein. Ist er zum Schweigen verdammt? Lass ihn seinen Mitbürgern als stiller öffentlicher Zeuge dienen. Es ist gefährlich auf dem Forum? Dann soll er sich in Privathäusern zeigen, bei öffentlichen Gelegenheiten und Zusammenkünften auftreten, als guter Verbündeter, treuer Freund, und moderater Tischnachbar. Er hat die Pflichten eines Bürgers nicht mehr? Lass ihn die Pflichten eines menschlichen Wesens ausüben.

Warum sind wir denn beleidigt? Warum beschweren wir uns? Das ist es, wofür wir hier sind.  

Bedenke jene, die nicht beständig genug sind, so zu leben, wie sie es sich wünschen – nicht, weil sie inkonsistent sind, sondern weil sie sich nicht genug bemühen – sie leben lediglich so, wie sie angefangen haben.    

Wir sagen immer, dass wir uns unsere Eltern nicht aussuchen können, dass der Zufall sie uns zugeteilt hat – doch tatsächlich haben wir die Wahl, wessen Kinder wir gerne wären.   

Es gibt kein Laster ohne Rechtfertigung, keines, das am Anfang nicht recht klein und bescheiden war und wo man schnell hätte eingreifen können, aber danach breitet der Ärger sich überall hin aus. Wenn du zulässt, dass Dinge ihren Lauf nehmen, kannst du sie nicht mehr beherrschen. Jede Gefühlsregung ist zunächst schwach. Dann wächst sie und wird immer stärker, je mehr sie sich entwickelt – es ist leichter, sie auszubremsen als sie zu verdrängen.   

Fortuna hat gar nicht einen so großen Einflussbereich wie wir immer denken – sie kann nur diejenigen belagern, die sich an sie klammern. Darum lasst uns einen möglichst großen Abstand zu ihr halten.   

Das Schicksal soll uns vorbereitet und aktiv vorfinden. Derjenige hat eine große Seele, der sich dem Schicksal ergibt. Das Gegenteil ist jemand, der schwach und degeneriert ist, der gegen die Ordnung der Welt kämpft und sie nicht akzeptieren kann, der versucht, die Fehler der Götter zu korrigieren statt seine eigenen. 

Wir sollten ausgedehnte Spaziergänge unternehmen, damit unser Verstand von der frischen Luft und den tiefen Atemzügen erfrischt und genährt wird.     

Darum sagen wir, dass dem Weisen nichts geschieht, was er nicht schon erwartet hat.   

Was nutzt es, mein Gemahl, das Unglück schlimmer zu machen, indem du dich darüber beschwerst? Würdiger für einen König ist dies: Packe das Missgeschick bei den Hörnern. Je gefährlicher die Situation, je näher der drohende Machtverlust rückt, desto entschlossener sollte man sich positionieren und kämpfen. Es ist eines Mannes nicht würdig, sich vor dem Schicksal zurückzuziehen.    

Philosophie erwartet einen einfachen Lebensstil, aber keine Reue – es ist durchaus möglich, einfach zu sein, ohne grob zu werden. 

Du solltest mich lehren, wie Odysseus zu sein – meine Heimat, meine Ehefrau und meinen Vater zu lieben, und selbst nachdem ich Schiffbruch erlitten hätte, weiterzusegeln, stets diese ehrenhaften Ziele im Auge behaltend.     

Nichts ist edel, wenn es widerwillig oder unter Zwang getan wird. Jede edle Tat ist freiwillig.  

Derjenige, der Philosophie praktiziert, um das Selbst zu heilen, dessen Seele wird gestärkt, erfüllt mit Selbstbewusstsein, unerschütterlich – und umso stärker, je näher du diesem Ziel kommst.  

Vertrau mir, wahre Freude ist eine ernste Angelegenheit. Denkst du, jemand kann mit schön formulierten Worten unbekümmert über den Tod hinwegsehen, ohne sich Sorgen zu machen? Oder das Tor zur Armut weit öffnen, die Freuden unter Kontrolle halten oder über die Beständigkeit des Leidens nachdenken? Derjenige, dem es nichts ausmacht, solche Gedanken in Muße zu betrachten, der ist wahrhaftig voller Freude, aber nicht fröhlich. Dies ist genau die Art Freude, die ich dir wünsche, denn wenn du die Quelle erst gefunden hast, wird diese Freude nie versiegen.  

Wie erbärmlich ist jener Anwalt, dessen letzter Atem im fortgeschrittenen Alter vor Gericht versiegt, während er noch ein Plädoyer vor einer unbekannten Prozesspartei hält und noch immer die Anerkennung der ignoranten Zuschauer sucht.  

In diesem Augenblick befindest du dich nicht auf einer Reise, sondern du wanderst herum, lässt dich von einem Ort zum anderen treiben, obwohl das, was du suchst – gut zu leben – überall gefunden werden kann. Gibt es einen chaotischeren Ort als das Forum? Doch selbst hier kannst du friedvoll leben, wenn nötig.

Stille ist eine Lektion, die man in vielen Leidensmomenten im Leben erlernt.  

Achte darauf, Schwierigkeiten zu durchdenken – harte Zeiten können gelindert werden, Engpässe können überwunden werden, schwere Last kann an Gewicht verlieren, wenn man weiß, wie der richtige Druck auszuüben ist.     

Viel ist bereits gesagt worden von Platon, Zenon, Chrysippos, Poseidonius und einer ganzen Reihe anderer hervorragender Stoiker. Ich sage dir, wie Menschen beweisen können, dass sie ihre eigenen Worte haben: Indem sie das, was sie predigen, auch in die Tat umsetzen. 

Philosophie ist kein Kunststück für die Bühne. Sie befasst sich nicht mit Worten, sondern mit Fakten. Sie wird nicht für irgendeine Freude benutzt, die uns den heutigen Tag versüßen soll, oder um unser Gefühl der Unruhe zu lindern, das wir in ruhigen Stunden entwickeln. Sie formt die Seele und baut sie auf, sie gibt dem Leben eine Ordnung, sie lenkt unser Handeln, zeigt uns, was getan werden sollte und was nicht – sie sitzt am Ruder und steuert, während wir von Unsicherheiten hin und her getrieben werden. Ohne sie kann niemand angstfrei oder sorglos leben. Unzählige Dinge ereignen sich zu jeder Stunde, für die wir Rat brauchen, und diesen Rat finden wir in der Philosophie.    

Dies lässt sich schnell und mit wenigen Worten beibringen: Tugend ist das einzige Gut, es gibt kein sicheres Gut ohne Tugend, und die Tugend wohnt in dem vornehmeren Teil von uns, in dem vernunftgemäßen. Und was genau ist diese Tugend? Ehrliches und beständiges Urteil. Daraus entsteht jeder mentale Impuls und damit wird jede Erscheinung, die unsere Impulse anspornt, für uns klar ersichtlich.     

In unserem Innern sollten wir in jederlei Hinsicht anders sein, aber mit unserer Erscheinung sollten wir in der Menge nicht auffallen. 

Es schadet der Seele, wenn man die Zukunft fürchtet und sich schon elend fühlt, bevor das Unglück überhaupt über einen hereingebrochen ist, oder wenn man fürchtet, dass das, was man begehrt, einem nicht bis zum Lebensende erhalten bleiben wird. Denn solch eine Seele kann nie zur Ruhe kommen – sie ist so darauf bedacht, Zukünftiges herbeizusehnen, dass sie die Fähigkeit verliert, die Gegenwart zu genießen.    

Erkläre mir also, warum ein kluger Mensch nicht betrunken sein sollte – nicht in Worten, denn die Tatsachen, seine Hässlichkeit und Anstößigkeit, sprechen für sich. Es ist sehr einfach zu beweisen, dass sogenannte Freuden, sobald sie das rechte Maß überschreiten, nichts anderes sind als Strafen.  

Ich werde mich nie dafür schämen, einen schlechten Autor zu zitieren, wenn das, was er sagte, gut ist. 

Wirst du nicht in die Fußstapfen deines Vorgängers treten? Sicher werde ich den älteren Pfad nutzen, aber wenn ich eine kürzere oder einfachere Möglichkeit finde, dann schlage ich dort einen neuen Pfad. Diejenigen, die diese Pfade angelegt haben, sind nicht unsere Meister, sondern unsere Führer. Die Wahrheit steht jedem offen – niemand hat ein Monopol auf sie. 

Ich erlitt schon Schiffbruch, bevor ich auch nur an Bord gegangen war … Die Reise zeigt mir, wie viel von dem, was wir haben, unnötig ist und wie schnell wir uns entschließen können, uns von diesen Dingen zu trennen, wenn die Umstände es verlangen, ohne je an dem Verlust zu leiden.

Heraklit vergoss Tränen, wann immer er in der Öffentlichkeit war, Demokrit dagegen lachte. Der eine sah nur eine Parade des Elends, der andere sah nur Torheit. Auch wir sollten leichtherziger an die Dinge herangehen und sie mit frohem Mut ertragen, denn es ist menschlicher, über das Leben zu lachen als stets zu wehklagen.   

Der Begründer des Universums, der uns die Gesetze des Lebens gab, sah vor, dass wir gut leben sollten, aber nicht im Überfluss. Alles, was wir für unser Wohlergehen brauchen, liegt zum Greifen nahe, aber das, was wir für den Luxus brauchen, bekommen wir nur zum Preis von Leiden und Angst. Lasst uns dieses Geschenk der Natur nutzen und es als eines der größten Güter ehren.    

Kein Mensch hat die Macht, alles zu bekommen, was er will, aber es steht in jedermanns Macht, nicht zu wollen, was er nicht hat, und fröhlichen Mutes das sinnvoll zu nutzen, was er hat.     

Alles, was getan werden muss, kann die Tugend mutig und zügig erledigen. Denn jeder würde es als Torheit deuten, wenn jemand faul und lustlos eine Aufgabe beginnt, oder sich mit dem Körper in die eine Richtung bewegt, aber im Geiste in die andere Richtung schreitet und sich so von äußerst unterschiedlichen Impulsen zerreißen lässt.    

Die Seele, die sich von der Vernunft leiten lässt, ist stärker als jedes Schicksal – sie lenkt allerorten ihre eigenen Geschicke und sie selbst ist der Grund für ein glückliches oder unglückliches Leben. 

Ich halte dich für bedauernswert, weil du noch kein Unglück erlebt hast. Du bist ohne Widersacher durchs Leben gegangen – niemand kann jemals wissen, wozu du fähig bist, auch nicht du selbst.   

Niemand wird von der Schicksalsgöttin niedergeschmettert, der sich nicht zuvor schon von ihr hat täuschen lassen … Diejenigen, die in guten Zeiten nicht in Saus und Braus leben, stehen nicht vor zerplatzten Seifenblasen, wenn sich die Dinge ändern. In jedweder Situation behält der ausgeglichene Mensch seine rationale Seele unverwundbar, denn vor allem in guten Zeiten beweist er so ihre Stärke gegen Widrigkeiten.  

Doch es gibt keinen Grund zu leben und kein Ende unserer Misere, wenn unsere Ängste überhandnehmen.

Hier ist eine Lektion, um den Eifer deines Verstandes zu prüfen: Verbringe eine Woche mit dem magersten und einfachsten Essen, kleide dich spärlich in schlichten Lumpen, und dann frage dich, ob dies wirklich das Schlimmste ist, was du zu befürchten hast. Wenn die Zeiten gut sind, dann solltest du dich bereit machen für die schwierigeren Phasen in der Zukunft, denn während Fortuna uns hold ist, können wir unsere Verteidigung gegen ihre Attacken aufbauen. Deshalb üben die Soldaten zu Friedenszeiten, bauen Bunker, obwohl kein Feind in Sicht ist, und strapazieren sich, obwohl niemand angreift, damit sie nicht müde werden, wenn es soweit ist.

Lasst es uns zur Gewohnheit werden, ohne große Gesellschaft essen zu gehen, uns an weniger Sklaven zu gewöhnen, Kleidung nur zu kaufen, wenn wir sie brauchen und in bescheideneren Verhältnissen zu leben.    

Erfolg kommt zum kleinen Mann und dem, der wenig Talent hat, doch das besondere Merkmal einer großen Persönlichkeit ist, dass sie über die Desaster und Panikattacken des menschlichen Lebens triumphiert. 

Ein Unglück wird noch dadurch erschwert, dass es unerwartet kommt, und Überraschungen haben immer schon den Schmerz erhöht. Daher sollte uns nie etwas Unerwartetes geschehen. Wir sollten im Vorhinein schon immer alles bedenken, nicht nur den normalen Lauf der Dinge, sondern das, was sonst noch möglich wäre. Denn gibt es irgendetwas im Leben, das Fortuna nicht vom hohen Ross stürzt, wenn ihr danach ist?

Zeige mir einen Menschen, der kein Sklave ist! Der eine ist Sklave der Begierde, der andere der Habgier, der dritte unterwirft sich der Macht und wir alle sind Sklaven der Angst. Ich könnte dir einen Konsul zeigen, der Sklave einer kleinen alten Frau ist – ein Millionär, der sich einer Putzfrau versklavt … Keine Knechtschaft ist erbärmlicher als die selbst auferlegte.

Freizeit ohne Studium ist wie der Tod – ein Grab für einen Lebenden.   

Denn selbst der Frieden an sich wird mehr Grund zur Sorge liefern. Noch nicht einmal sichere Umstände werden dich beruhigen können, wenn dein Geist erst einmal in Schock versetzt wurde – wenn er sich die blinde Panik erst einmal angewöhnt hat, kann er nicht mehr für seine eigene Sicherheit sorgen. Denn so vermeidet er die Gefahr nicht wirklich, er flieht bloß vor ihr. Doch wenn wir ihr den Rücken kehren, sind wir noch größeren Gefahren ausgeliefert.

Nichts kann die Habgier befriedigen, doch schon ein kleiner Schritt kann die Natur befriedigen. Und so bringt die Armut eines im Exil Lebenden ihm kein Unglück, denn kein Ort im Exil ist so karg, dass ein Mensch sich dort nicht versorgen könnte.    

Ein weiser Mensch kann nichts verlieren. Er trägt alles in sich, überlässt nichts dem Schicksal. Alles, was ihm wertvoll ist, hält er fest, denn dies ist an seine Tugenden gebunden und erfordert nichts vom Zufall, weshalb weder etwas vermehrt noch verringert werden kann.

Es ist nur natürlich, seinen Freunden mit Zuneigung zu begegnen und sich an dem, was sie erreicht haben, zu erfreuen, als hätten wir es selbst erreicht. Wenn wir dies nicht tun, wird die Tugendhaftigkeit, die nur gestärkt wird, wenn wir unsere Wahrnehmung schulen, nicht länger in uns bestehen.   

Hekaton sagt: ›Ich kann dir einen Liebestrank zeigen, der ohne Drogen, Kräuter oder besonderem Zauber hergestellt wird – wenn du geliebt werden willst, liebe.‹

Menschen mit außergewöhnlichem Verstand begreifen Tugendhaftigkeit schnell oder bringen sie aus sich selbst hervor. Eher begriffsstutzige und faule Menschen, die an schlechten Gewohnheiten leiden, müssen ihre matten Seelen ständig auf Hochglanz bringen … Den Schwächeren wird geholfen werden und sie werden ihre schlechten Meinungen verlieren, wenn wir ihnen die Prinzipien der Philosophie vermitteln.    

Eine Wohltat sollte gehütet werden wie ein verborgener Schatz, den man nur ausgräbt, wenn man ihn braucht … Die Natur gebietet uns, allseits Gutes zu tun … Wo ein menschliches Wesen ist, bietet sich uns die Gelegenheit, freundlich zu sein.  

Den besten und den meisten Autoren zufolge besteht die Philosophie aus drei Teilen: dem moralischen, dem natürlichen und dem rationalen. Der erste heilt die Seele. Der zweite widmet sich der natürlichen Ordnung der Dinge. Der dritte untersucht die angemessene Bedeutung der Worte, ihre Zusammenstellung und die Beweisführung, was verhindert, dass falsche Behauptungen sich einschleichen, um die Wahrheit zu verdrängen.

Verbrechen kehren häufig zu ihrem Lehrer zurück.  

Jeder Mensch erwirbt seinen eigenen Charakter, aber seine offizielle Rolle wird durch Zufall geformt. Du solltest manche zu Tisch laden, weil sie verdienstvoll sind, andere, weil sie es vielleicht noch verdienen werden.     

Schämst du dich nicht, dass du für dich selbst nur die Reste deines Lebens vorbehältst und der Weisheit nur jene Zeit widmest, die du nicht deinen Geschäften widmen kannst? 

Hekaton sagt: ›Hör auf zu hoffen und du wirst aufhören, dich zu ängstigen.‹ … Die primäre Ursache beider Befindlichkeiten ist, dass wir in Gedanken schon zu weit voraus sind, anstatt uns den gegebenen Umständen anzupassen.

Wenn Philosophie mit Arroganz und Starrsinn ausgeübt wird, scheitern viele. Nutze Philosophie, um deine eigenen Fehler zu schleifen, anstatt über die Fehler von anderen zu schimpfen.

Lasst uns unseren Verstand so vorbereiten, als seien wir am Lebensende angekommen. Lasst uns nichts verschieben. Lasst uns jeden Tag die Bücher des Lebens ausgleichen … Derjenige, der jeden Tag den letzten Schliff an seinem Leben vornimmt, dem wird es niemals an Zeit mangeln.  

Es ist besser, die Trauer zu überwinden als sie zu betrügen.  

Ich sage, lass niemanden auch nur einen Tag von mir rauben, der mich nicht für den Verlust voll entlohnt.     

Der Tod liegt schwer auf dem, der anderen gut bekannt ist, aber sich selbst nicht kennt.  

Oft hat ein alter Mann außer seinem Alter nichts anderes für sein langes Leben vorzuweisen.   

Denn es ist schändlich, wenn ein alter Mensch, oder jemand, der sich dem Alter nähert, nur das Wissen hat, dass er in seinen Notizbüchern mit sich trägt. Dieses hat Zenon gesagt … Was sagst du dazu? Jenes hat Kleanthes gesagt … Was sagst du dazu? Wie lange willst du dich noch den Behauptungen anderer fügen? Ergreife die Verantwortung und bekenne dich zu deinen eigenen Worten – auf dass die Nachwelt deine Worte in ihre Notizbücher schreiben möge.

Du hast Angst zu sterben. Aber sieh doch, was sonst ist unser Leben als der Tod?  

Du weißt, wie Wein und Likör schmecken. Es macht keinen Unterschied, ob 100 oder 1000 Flaschen durch deine Blase laufen – du bist bloß ein Filter.

Dem Geist muss man Ruhe gönnen – nach einer angenehmen Pause wird er gestärkt und schärfer hervortreten. So wie reichen Feldern nichts aufgezwungen werden sollte, weil sie schnell ihre Fruchtbarkeit verlieren, wenn man ihnen keine Pause gönnt, wird die Geisteskraft nachlassen, wenn man sie ständig in Anspruch nimmt. Aber sie bleibt stark, wenn man sie für eine Weile frei lässt und sie sich entspannen kann. Ständige Geistesarbeit hingegen führt zu einer gewissen Dummheit und Schwäche in der von der Vernunft geleiteten Seele.     

Es ist keineswegs so, dass wir nicht genug Zeit zu leben hätten, aber wir vergeuden einen großen Teil davon. Das Leben ist lang genug, und es bietet ausreichend Gelegenheit, viele großartige Dinge zu tun, wenn wir diese nutzen. Aber wenn es durch Luxus und Nachlässigkeit den Bach runter geht, wenn es nutzlos vergeudet wird, werden wir schließlich erkennen müssen, dass es an uns vorbeigezogen ist, ehe wir es überhaupt wahrgenommen haben. Und so ist es: Wir bekommen kein kurzes Leben, wir machen es erst zu diesem.

Bei allem, was wir tun, sollten wir so dankbar wie nur möglich sein. Denn Dankbarkeit ist eine gute Sache, wohingegen Gerechtigkeit es eher nicht ist, da sie im Allgemeinen anderen gilt. Dankbarkeit zahlt sich in großem Maße aus. 

Widrigkeiten mit einem ruhigen Gemüt zu ertragen, raubt dem Unglück die Stärke und die Last. 

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Ohne dass du dir bewusst warst, wie viel du verlierst. Wie viel hast du auf sinnlosen Kummer, haltlose Freude, gieriges Verlangen oder gesellschaftliche Vergnügungen verschwendet – wie wenig von dir selbst ist dabei übrig geblieben. Du wirst erkennen, dass du vor deiner Zeit stirbst!